Nicht erst zur Weihnachtszeit wird das Tageslicht knapp im hohen Norden, bereits Ende Oktober beginnt die „Mørketid“, die dunkle Zeit. In Norwegen begegnet man dieser Dunkelheit mit üppigem Lichterschmuck. In den Fenstern brennen Kerzen und elektrische Lampen, mit Beginn der Adventszeit werden Hausgiebel, Gärten, ganze Straßenzüge und sogar Schiffe großzügig mit Lichterketten geschmückt. Selbst die Natur trägt das ihre zur festlichen Beleuchtung bei, wenn sich das magische Nordlicht am Himmel über dem verschneiten Land zeigt.
Die Weihnachtszeit beginnt mit dem 1. Dezember und hier wie andernorts auch wird die Wartezeit bis Weihnachten mit einem Adventskalender überbrückt. Natürlich gibt es auch hier die mitteleuropäische Schokoladenversion, Standard ist jedoch die traditionelle und wesentlich figurfreundlichere Variante, eine mit 24 Nelken gespickte Orange.
Traditionell ist die Vorweihnachtszeit die Zeit der Vorbereitung auf das große Fest. Schon in früheren Tagen, als Überfluss noch ein Fremdwort war, wurde an Heilig Abend aufgetischt was Küche und Keller hergaben. Weihnachten war der Höhepunkt des Winters, in dem vielerorts die Höfe eingeschneit und von der Außenwelt abgeschnitten waren. Plätzchen, Julekaker, eine Art Christstollen mit Rosinen und Nüssen, Würste, Braten, das Weihnachtsbier Juleøl,, vieles von dem was früher hausgemacht war, kann man heute im Supermarkt erwerben.
Wichtiges Datum in der Vorweihnachtszeit ist der 13. Dezember. An diesem Tag feiert man das Fest der Heiligen Lucia, die mit Lichterkranz und weißem Gewand Helligkeit in die dunkle Zeit bringt. Endlich ist es dann so weit, am Lille Julaften, dem 23. Dezember werden die Weihnachtsbäume geschmückt, nicht ohne vorher die Kinder ins Bett gebracht zu haben. Und noch etwas gehört mittlerweile zur Tradtion: Die Kultsendung „Dinner for One“ läuft am 23. Dezember im Fernsehen.
An Heilig Abend läuten um 17 Uhr im ganzen Land die Kirchenglocken. Vor allem in Süd- und Westnorwegen besuchen viele Familien anschließend den traditionellen Weihnachtsgottesdiest. Bei dem Julebord, dem typischen Weihnachtsessen, zu dem sich die Familie am Abend versammelt, darf die Juleribbe nicht fehlen, das Rippenstück vom Schwein mit knusprig gebratener Schwarte, das mit Äpfeln, Rotkohl und Preiselbeeren serviert wird. Für Erwachsene obligatorisch ist dazu Aquavit und Juleøl, während es für die Kinder eine spezielle Weihnachtslimonade, die Julebrus, gibt. Im Dessert, das meist aus Risgrøt (Milchreis) besteht, wird eine Mandel versteckt. Wer die Mandel findet, wird mit Glück für das ganze Jahr und mit einem Marzipanschwein belohnt.
Ein Gast darf auf keinem norwegischen Weihnachtsfest fehlen. Es ist der Julenisse, ein Troll aus einem kalten Fjord weit oben im Norden, der sich zur Weihnachtszeit gerne in den warmen Häusern der Menschen einquartiert – daran zweifelt kein Norweger. Da dieser Julenisse aber auch gerne Unfug anrichtet, wird für ihn eine Schüssel Risgrøt auf die Fensterbank gestellt, um ihn gnädig zu stimmen.
Das war es dann aber auch mit Besinnlichkeit und Tradition. Nach dem Essen und der Bescherung wird der Weihnachtsabend und die folgenden Tage zu einer ausgelassenen Party mit fröhlichen Liedern, Tanz und viel Alkohol.
Frohe Weihnachten – Glædelig jul! – Hyvää joulua! – God jul! – God jul!