Mit dem Rad von Pegnitz nach Fürth
Für mich als gebürtige Nürnbergerin zieht sich die Pegnitz wie ein roter Faden durch mein Leben. Mein täglicher Schulweg führte über eine der vielen Brücken in der Nürnberger Altstadt und nicht selten saß ich mit Freunden in einem Eiscafé an ihrem Ufer. Später entdeckte ich nach Feierabend das Pegnitztal zwischen Lauf und Fürth mit dem Rad und selbst meine ersten ungeschickten Gehversuche auf Inlineskates fanden an ihrem Ufer statt.
Seit fast 20 Jahren lebe ich nun zwischen Nürnberg und Pegnitz in Reichweite zum Oberen Pegnitztal, meinem Ziel zahlreicher Rad- und Wanderausflüge. Man könnte denken ich kenne die Pegnitz von der Quelle bis zum Zusammenfluss mit der Rednitz in Fürth wie meine Westentasche. Wirklich? Bei genauem Nachdenken taucht der eine oder andere weiße Fleck auf meiner geistigen Landkarte auf. Es war also an der Zeit diese weißen Flecken mit Farbe zu füllen.
Pegnitz, die Stadt
Pegnitz, der Fluss
Ihren Ursprung nimmt die Pegnitz in Oberfranken in der gleichnamigen Stadt. Dort entspringt sie auf 425 m Meereshöhe aus einer für die Fränkische Schweiz typischen Karstquelle.
Der kleine Park mit der Quellfassung liegt direkt an der B2 Nürnberg – Bayreuth. Knapp hundert Meter weiter, kaum hat der Bach die B2 unterquert, kommt es zum Zusammenfluss mit der wasserreicheren Fichtenohe, die ca. 20 km weiter nördlich im Lindenhardter Forst entspringt und an dieser Stelle mit ihrem Wasser auch ihren Namen an die Pegnitz abgibt. Manche vertreten deshalb die Meinung, dass die Fichtenohe der eigentliche Quellfluss der Pegnitz ist.
Wie auch immer, die Pegnitz macht sich in der Stadt Pegnitz auf ihre 113 km lange Reise und wir uns mit ihr. Getreu dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ haben wir uns vorgenommen, dem Fluss von der Quelle bis zum Zusammenfluss mit der Rednitz in Fürth mit dem Rad zu folgen.
Auf den ersten Metern schlängelt sich die junge Pegnitz zwischen den Stadthäusern hindurch, ehe sie am Stadtrand in eine ursprüngliche Auenlandschaft austritt und zwischen den Ortsteilen Hainbronn und Nemschenreuth entlang der Pegnitztalstraße Richtung Süden mäandert.
Quellfassung der Pegnitz und Zusammenfluss mit der Fichtenohe
Der Kanonier von Weidlwang
Schon von weitem sehen wir ihn hoch über dem Ort auf dem Felsen stehen, den Kanonier von Weidlwang. Auf den letzten Metern haben wir zusammen mit der Pegnitz Oberfranken verlassen und befinden uns jetzt in der Oberpfalz. Böse Zungen behaupten, der Kanonier steht dort oben und wacht darüber, dass kein Unbefugter aus dem Fränkischen in die Oberpfalz hinüber wechselt. Wir haben es dennoch gewagt.
In Weidlwang hat man die Wahl, entweder man folgt weiter der Staatsstraße 2162 linksseitig der Pegnitz über Nassnitz und Michelfeld, oder man fährt rechtsseitig des Flusses über Versorgungswege bis zum Bahnhof Michelfeld, wo sich beide Varianten wieder treffen.
Naturschutzgebiet „Pegnitzau zwischen Michelfeld und Ranna“
Wir erreichen den Bahnhof Michelfeld, der etwas außerhalb des Ortes direkt an der Pegnitz liegt. Hier beginnt der ursprünglichste und einer der schönsten Teile des gesamten Pegnitztales. Auf der Forststraße folgen wir gut 2 Kilometer lang den Flussbiegungen. Immer wieder schimmert zu unserer Linken das Wasser der Pegnitz zwischen den Bäumen hindurch.
Dann gabelt sich der Weg und wir wählen die Abzweigung durch die Auwiesen, einem mit Rotring markiertem Wanderweg. Das ist näher am Fluss und vor allem interessanter als die Forststraße, auch wenn wir gelegentlich aus dem Sattel steigen müssen. Der Weg führt direkt auf dem etwas erhöhten Ufer entlang. Immer wieder sehen wir deutliche Spuren der Uferbewohner: entrindete oder gefällte Bäume und regelrechte „Straßen“ die die Biber mit ihren Körpern in die Uferböschung geschliffen haben. Kurz nach dem Seewiesenweiher erreichen wir wieder die Forststraße.
Könnten wir hier über Bach und Bahn auf die andere Seite der Pegnitz hinüber wechseln, wir wären direkt an den Kammerweihern. Doch wir müssen noch rund einen Kilometer weiter zur Unterführung, bis wir in einer Schleife wieder zu den Kammerweihern zurück fahren können. Was wie eine idyllische Naturlandschaft wirkt ist Menschenwerk, vor 300 Jahren angelegt als Fischteich von den Mönchen des einstigen Benediktinerklosters Michelfeld.
Von der Ende 2008 errichteten Aussichtskanzel haben wir den Überblick über beide Seen. Hier können wir gut das Leben auf und über dem Wasser beobachten. Noch nie sind wir ohne längeren Aufenthalt an den Kammerweihern vorbei gekommen – zu keiner Jahreszeit! Ab und zu springt ein Fisch aus dem Wasser, fliegt ein Reiher auf, klingt ein Vogelruf durch die Luft – wäre da nicht die Bahnlinie, die in respektvoller, aber doch gut hörbarer Entfernung vorbei führt, man könnte glatt vergessen, dass man hier nicht an einem See in Schweden, sondern an einem künstlich angelegten Weiher in der Oberpfalz steht.
Auenlandschaft zwischen Ranna und Neuhaus
Wieder zurück an der Weggabelung haben wir die Qual der Wahl: Bleiben wir auf der linken Pegnitzseite oder wählen wir den Weg am Hang über dem rechten Ufer? Wir entscheiden uns für die letzte Variante und gelangen schon nach wenigen Metern in die aufgelassene Siedlung Fischstein.
Die Entscheidung für die rechtsseitige Variante empfiehlt sich auch wegen der schöneren Aussicht. Auf halber Höhe über dem Talgrund führt ein asphaltiertes, aber autofreies Sträßchen in Richtung Ranna. Sanft fällt der Hang ab hinunter zu Pegnitz und Bahn, weit reicht der Blick. Wir sitzen neben unseren Rädern im Gras und genießen die Ruhe und Weite der Landschaft. Doch ob wir es wollen oder nicht, irgendwann müssen wir uns von diesem herrlichen Fleckchen wieder trennen. Nur 50 km weiter sollen wir in den Ballungsraum Nürnberg-Fürth eintauchen? Das können wir uns in diesem Moment bei aller Phantasie nicht vorstellen. Mit Ranna erreicht die Pegnitz das Nürnberger Land, von hier an fließt sie durch Mittelfranken.
Und schon wieder stehen wir vor der Wahl rechte oder linke Pegnitzseite. Der Radweg biegt nach links ab, doch wir fahren auf der rechten Seite weiter. In leichtem Auf und Ab führt die Forststraße durch den Wald, ein steiler Anstieg, eine ebenso steile Abfahrt auf der anderen Seite und dann stehen wir direkt am Eingang des Wasserwerks Ranna. Von hier stammt ein großer Teil des Nürnberger Trinkwassers. Ich durfte einmal an einer Führung teilnehmen mit abschließender Wasserverkostung, kühl, wohlschmeckend, und unverfälscht – der beste Apéritif! Durch Mosenberg geht es wieder hinunter zur Pegnitz. Ab hier sind es nur noch 5 km bis Neuhaus. Erst auf dem letzten Kilometer müssen wir unseren Wiesenweg verlassen und hinaus auf die Straße wechseln.
Das Pegnitztal zwischen Michelfeld und Neuhaus – hier hat jede Jahreszeit ihren eigenen Charme
Vielfalt zwischen Neuhaus und Hersbruck
Fachwerkhäuser, Straße, Bahn und jede Menge Natur! Südlich von Neuhaus beginnt der landschaftlich imposanteste Abschnitt. Es ist der Teil, den ein Nürnberger meint wenn er sagt: „Ich fahre am Sonntag ins Pegnitztal.“ Immer höher und näher rücken zu beiden Seiten steile Hänge an den Fluss heran. Der Name des kleinen Weilers Engenthal sagt es: Das Tal wird eng. Oft bleibt neben dem Wasser gerade noch Platz für Straße und Wanderweg, zwischen Velden und Lungsdorf nicht einmal das. Dort zwängt sich in Güntersthal der gesamte Verkehr auf mehreren Metern über die Straße durch das alte Betriebsgelände der Eckart Werke. Hoch über allem verläuft die Bahnlinie durch Tunnels und über Brücken. Sie gehören zum Landschaftsbild wie der Fluss und die Felsen.
Wir widmen uns wieder unserem eigentlichen Ziel, dem Pegnitztal mit dem Rad und nachdem wir die Engstelle bei Velden gemeinsam mit anderen Verkehrsteilnehmern gemeistert haben, gibt es im Abstand zur Straße wieder einen Radweg. Erfreut stellen wir fest, dass in den letzten Jahren viel getan wurde, die gesamte Strecke Tourenrad tauglich auszubauen. Engstellen und grober Schotterbelag sind Vergangenheit. Während wir entspannt dahin rollen – immerhin geht es leicht bergab – bleibt genug Zeit um die Landschaft zu betrachten. Immer wieder ragen weiße Dolomitfelsen aus dem Wald, neben uns fließt die Pegnitz dahin, bald ruhig und träge, bald munter und quirlig, Wir sehen den Bootswanderern zu, wie sie an den Tragestellen ihre Kanus aus dem Wasser heben und sie 30 Meter weiter wieder einsetzen.
Das 1.100 Jahre alte Velden, Lungsdorf, Rupprechtstegen, Artelshofen, Vorra – schmucke Ortschaften reihen sich aneinander mit typisch fränkischen Fachwerkhäusern, kleinen Landschlösschen und bunten Gärten in den Neubaugebieten. Tapfer fahren wir an den vielen gastronomischen Versuchungen vorbei, die uns hier alle paar Kilometer zu Kaffe und Kuchen oder einer deftigen Brotzeit verführen wollen. An den Wochenenden trifft sich in den Biergärten ein buntes Völkchen, Radfahrer, Wanderer, Kanuten, Kletterer … und „Autowanderer“. Die originellste Einkehrmöglichkeit ist der Rastwaggon am Haltepunkt Rupprechtstegen, der u.a. auch griechische Küche anbietet. Auf der Flussinsel in Vorra gibt es neben dem Cafe Inselblick einen hübschen, schattigen Rastplatz für alle, die nicht einkehren wollen.
Südlich von Vorra weitet sich das Tal allmählich wieder. Die Bahnstrecke verläuft jetzt nicht mehr hoch am Hang durch Tunnels und über Brücken, sondern unten am Talboden. Bei einem Blick zurück sehen wir, hier verlässt die Pegnitz endgültig die Höhen der Frankenalb. Bei Hohenstadt, Hersbruck ist in etwa Halbzeit und was liegt näher, als hier eine Übernachtung einzulegen, entweder bei der örtlichen Hotellerie oder auf dem Campingplatz am Haltepunkt Hohenstadt?
Bei Hohenstadt verlässt die Pegnitz die Frankenalb
Go West von Hersbruck bis Nürnberg
Nirgendwo ist es schwieriger einem Flusslauf zu folgen, als in einem dicht besiedelten, bewohnten Gebiet. Das bemerken wir schon bei der Planung. Zwar gibt es einen schönen, teils neu gebauten, asphaltierten Radweg, doch der verläuft entlang der B 14 oft hunderte von Metern entfernt vom Pegnitzgrund. Das ist nicht das, was wir uns vorstellen.
Das erste Stück durch die Pegnitzau südlich von Hersbruck ist noch problemlos zu finden. Es ist Teil des Fünf-Flüsse-Radwegs und führt am Happurger Baggersee vorbei. Am Sportplatz wechseln wir für ein paar hundert Meter in bebautes Gebiet und finden am anderen Ende auch den „Ausgang“ in die Wiesen des „Großen Augrabens“. Wir unterqueren die B 14 und halten uns Richtung Bahnhof Henfenfeld. Doch dann wird es spannend, denn auch hier verläuft der Radweg nach Ottensoos mehr als einen Kilometer entfernt vom Flusslauf der Pegnitz, der gut an dem Band von Bäumen und Büschen am Ufer zu erkennen ist. Man hat der Pegnitz ihren natürlichen Lauf gelassen, die aufgrund des geringen Gefälles seit Hersbruck träge und in unzähligen Mäandern durch den breiten, feuchten Augrund fließt.
Dort wollen wir hin, aber mehrmals endet ein Feldweg, der so vielversprechend begann, irgendwo zwischen Äckern im Nirwana. Wir bemühen googlemaps auf diesen vielleicht spannendsten fünf Kilometern unserer Tour und kommen schließlich auf Umwegen nach Ottensoos. Vielleicht sollten wir doch nicht versuchen, der Pegnitz um jeden Preis so nahe zu kommen.
An Wasser mangelt es nicht in den breiten Auen zwischen Hersbruck und Nürnberg –
Die Pegnitz selbst, fließt eher im Verborgenen wie hier bei Reichenschwand.
Wir machen weiter, wenn wir nicht gerade anderswo unterwegs sind.
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